Aus der Praxis – Wie sich unser Unternehmen durch Social Media verändert hat

Social Media ist nur ein Trend

Ich bin vor einigen Monaten aus unserer Social Media Gruppe (meine früheren Berichte zu unserer Arbeit) ausgetreten. Nicht weil ich darin keinen Sinn mehr gesehen oder weil ich nichts mehr hätte beisteuern können. Vielmehr liegen meine Stärken mehr darin Ideen zu entwickeln und einzuführen, als diese bis zum Schluss zu begleiten. Schluss bedeutet hierbei bis die letzten Kollegen „überzeugt“ wurden. Die Autorinnen Rising Linda und Mary Lynn sprechen in ihrem tollen Buch Fearless Change von sogenannten “Innovators” und “Early Adopters”  (einen Einführungs-Podcast dazu gibt es hier). Mit Laggers werden übrigens Persönlichkeitstypen bezeichnet, die nicht zu überzeugen sind. Dazwischen reihen sich die Early Majority und Late Majority ein.

Nachdem vor kurzem die Gruppe überein kam sich aufzulösen, sprach mich eine Kollegin an. Sie ist der Meinung, dass viele Ideen respektive Ansätze dabei sind, bei denen es sich lohnt diese weiterzuführen. Zum Beispiel unsere Textwerkstätten. Sie wollte wissen, wie ich über die Entscheidung denke und ob ich einen Vorschlag hätte, um die Gruppe neu auszurichten. Vor allem da sich die bisherigen Ergebnisse sehen lassen konnten und sie die Art der interdisziplinären Kollaboration im Vergleich zur (homogenen) Abteilungsarbeit spannend fand.

Nun wird der ein oder andere Leser vermutlich denken: Das war doch klar. Social Media und Unternehmen passen nicht zusammen. Das ist ein vorübergehender Trend, den jeder früher oder später abhaken muss!

Halte an deinen Zielen fest, bleibe dabei aber flexibel

Mein Sicht darauf war dann doch eine andere, was ich meiner Kollegin wie folgt erklärt habe: Das Ende der Social Media Gruppe ist lediglich dem Namen und der Beschränkung auf eine festgelegte Personengruppe geschuldet. Die Idee dahinter hat längst bei uns Wurzeln geschlagen. Denn inzwischen machen wir unternehmensweite Open Spaces, bei denen die “Lehrer” und “Schüler” Rollen kontinuierlich wechseln und die Agenda von allen Mitarbeitern mitbestimmt wird. Am Vormittag erzählt noch der Kollege aus Berlin umfassend über ein neues Produkt und die Kollegin aus Nürnberg hört zu, am Nachmittag werden die Rollen getauscht und die Kollegin referiert über Werkstoffe und deren Einsatzszenarien.

Die Meetings unserer Marketing- & Einkaufs-Abteilung sind inzwischen für alle geöffnet. Durch gezielte Einladungen abteilungsfremder Kollegen soll das gefördert werden. Themen- und Projektvorschläge werden in den Wochen zuvor von allen Mitarbeitern im Wiki zusammengetragen. Jedem „Stakeholder“ ist freigestellt Input zu liefern.

Ein weiteres Beispiel ist unser Arbeitsplatztausch, bei dem jeder Mitarbeiter mindestens 1x jährlich in eine andere Abteilung wechselt, um über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Und natürlich schreibt der Kollege seinen Erfahrungsbericht in unseren Corporate Blog. Stephan ist übrigens kein Mitglied der Social Media Gruppe! Damit ist er einer von vielen, die bereits gebloggt haben.

Mir fallen auf Anhieb noch viele weitere Ausprägungen ein, doch unser Erfolg zeigt sich meiner Meinung nach am besten darin, dass ich kürzlich beim Vorbeigehen nicht umhin kam zu hören, wie der Einkaufsleiter in Nöttingen am Telefon einer Kollegin aus Frankfurt wie selbstverständlich mitteilte: “Das kannst du alles im Wiki nachlesen und dann ggf. ergänzen”. Dass der Einkaufsleiter noch ein paar Wochen zuvor seine Mitarbeiterin – selbige ist Teil der Social Media Gruppe und daher bestens geschult im Umgang mit dem Wiki – gefragt hat wie der Inhalt einzupflegen ist, brachte mich dann doch zum Schmunzeln. Mit einem Video zur Integration der Wiki-Inhalte in unser Warenwirtschaftssystem habe ich die Vernetzung bei uns bereits illustriert.

Neben einigen weiteren Beispielen wies ich meine Kollegin noch darauf hin, dass sie selbst erst kürzlich gegenüber dem Vorgesetzten den Wunsch geäußert hat in ihrer Abteilung regelmäßige Retrospektiven zur Verbesserung der Prozesse umzusetzen. Ebenfalls ein Ansatz, den wir bei der Social Media Gruppe einsetzten.

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Quelle: http://pixabay.com/de/baum-struktur-netzwerke-internet-200795/

Fazit:

Nur diejenigen, die Social Media nicht auf Werkzeuge wie Facebook und Twitter reduzieren, sondern die Ansätze und Gedanken dahinter verstehen, können das der Sache inhärente Potential nutzen. Die Schulungs-Agenda sollte eben nicht mehr nur vom Abteilungsleiter definiert oder Geschäftsprozesse durch die Geschäftsleitung festgelegt werden. Stattdessen muss sich eine Kultur etablieren, bei der die Fähigkeiten aller genutzt werden und das Wissen der Masse kontinuierlich geteilt wird. Dadurch entsteht eine Lernkultur, bei der Informationen nach Belieben beigesteuert und herausgezogen werden können. Social Media ist insofern auch keine neue Idee, jedoch sind inzwischen viele digitale – teils populäre, teils weniger bekannte – Werkzeuge auf dem Markt. Mit dem inzwischen signifikanten und noch weiter steigenden Anteil der sogenannten Wissensarbeit ist nicht mehr die Frage, ob man auf den Zug aufspringen sollte. Die Herausforderung liegt darin die passenden Werkzeuge zu evaluieren und eine entsprechende Unternehmenskultur zu etablieren. Denn wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Wie stehts bei euch um Change Management, Social Media und Innovationen? Welche Werkzeuge nutzt ihr? Seid ihr schon auf einem guten Weg oder springt ihr gar nicht auf den Zug auf?

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2 Kommentare zu “Aus der Praxis – Wie sich unser Unternehmen durch Social Media verändert hat

  1. Olaf Didszun 23. Februar 2015 um 11:02 Reply

    Hi Uli,

    schön, dass du deine Erfahrungen und deine Sicht der Dinge hier darlegst, was ich allerdings nicht nachvollziehen kann ist deine Begründung, weshalb du dich aus dem Social Media Part bei euch zurückziehst. Die Nutzung von Social Collaboration endet nicht, sondern ist ein Wandel in unserer Arbeit.
    Wie du weißt, versuche ich meinen Lebensunterhalt genau damit zu verdienen, diese kulturellen Veränderungen in die Unternehmen zu tragen und ich würde aktuell vermuten, dass es bei euch aufgrund der Unternehmensgröße noch recht einfach ist, diesen Wandel herbeizuführen (was nicht heißt, dass es schnell geht). In Großunternehmen und Konzernen, mit ihren eingefahrenen Prozessen ist das teilweise ein auswegloses Unterfangen, da aber immer mehr junge Mitarbeiter auch in den Führungspositionen nachrücken, die mit Facebook und Co. aufgewachsen sind, rückt damit auch eine veränderte Kultur nach. Damit wird sich auch die Art und Weise verändern, wie zusammengearbeitet wird.
    Ich muss für unser Unternehmen sagen, dass wir generell mit den Social Media Bausteinen sehr (Yammer, SharePoint Communities, etc.) gut fahren, sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass wir wild auf die gesamte Republik verteilt sind.

    Beste Grüße
    Olaf

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    • Uli Armbruster 24. Februar 2015 um 1:00 Reply

      Hey Olaf,
      danke fürs Feedback. Lass uns demnächst mal wieder Essen gehen!

      Leider ist in der Foundation wie du ja weißt kein Yammer und Co enthalten, sprich die Social Aspects fehlen.
      Ich glaube in großen Unternehmen ist das Problem häufig darin begründet, dass vom oberen Management heraus gar keine Änderung gewollt ist. Dass es geht, zeigen ja viele Beispiele. Gerade habe ich von der Fa. Eisenmann in Böblingen und deren neuem, internen Crowdfunding System gehört. In Büchern lese ich auch immer wieder darüber, ohne jetzt aber selbst schon in einer gewesen zu sein. Der Wandel geht umso länger, desto länger die Entscheidungswege. Gar keine Frage. Ob es per sé schwieriger sein muss, steht auf einem anderen Blatt. Das sehe ich als zwei getrennte Aspekte an. Auf der anderen Seite bin ich auch froh, dass das bei Großfirmen so ist, sonst könnten wir Mittelständler als Arbeitgeber gar nicht mehr punkten :)

      Zur Geschichte mit dem Austritt: Es ging mir darum, nicht mehr an Themen mitzuwirken, von denen die Leute bereits überzeugt sind und die nun sukzessive ausgeweitet werden bis sie wirklich beim Letzen ankommen. Sprich es ist keine Überzeugungsarbeit mehr notwendig und die kritische Masse ist erreicht. Die Gruppe kümmert sich aber genau darum, da der WIP minimiert werden soll, schließlich ist nur ein gesundes Maß an Änderungen/Neuerungen möglich respektive sinnvoll. Ich schaue mir jetzt lieber schon the next big thing an. Gerade diese Crowdfunding Geschichte wie sie Eisenmann umsetzt, juckt mich, jedoch scheint mir nach vorläufiger Evaluierung das Werkzeug für uns nicht zu passen. Die Einführung von Kanban ins Marketing und die Administration könnte schon eher das Richtige sein. Was hat Kanban mit Social Media zu tun? Aus meiner Sicht wohnen beiden die Gedanken zu mehr Transparenz, Eigeninitiative und Einbringen des eigenen Know Hows inne. Das können wir gerne beim Essen erörtern. Du entscheidest wo ;)

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